Vorgeschichte
Die von Prof. Georgii erwähnten Möglichkeiten zum Wellenflug
im mitteldeutschen Bergland wurden mehrfach durch erfolgversprechende Ansätze
bestätigt.
Solche Berichte und die sich im Herbst und Winter immer wieder bildenden Lenticularis reizten schon lange die Wunstorfer Segelflieger, besonders Knut Eichler. Seit einem Jahr wurde ernsthaft das Wetter beobachtet und die Karten studiert. Mehrere Probeflüge brachten bis zu 2500 rn Höhe. Ernsthaft war für diesen Winter eine Fahrt nach Innsbruck oder in das südfranzösische Wellenparadies geplant, jetzt ist davon keine Rede mehr.
Gelände
Die Wellenlänge stimmt mit dem Abstand der rund 14 km voneinander
entfernten Höhenrücken überein, wobei der stärkste
Schwingungsimpuls durch den Deister ausgelöst wird. Die vierte nicht
angeflogene Welle zeigte sich in einer über 6000 m hoch geschätzten
Lenticularis an. Die Platzhöhe in Wunstorf beträgt 57 m über
NN.
Das Wetter
Die synoptische Bodenkerte vom 11.10.1964, 18 Uhr, zeigte Hochdruckgebiete
westlich der Kanarischen Inseln, über Nordost-Grönland und dem
Ural. Das Zentral-Tief lag über der Nordsee mit Hauptkern über
den Shetland-Inseln und Nebenkern bei London. Die umgebenden Fronten hatten
folgenden Verlauf: Eine Warrnfront von Süd-Norwegen über Mittel-Schweden
bis zu den Karpaten, eine schwache Kaltfront vom Kanal bis zu den Pyrenäen.
Der Luftdruck am Platz betruq 990,7 mb.
Folgende Windmessungen gab die Wetterwarte Hannover an:
Höhe | Richtung 12:00Z | Geschw.12:00Z | Richtung 18:00Z | Geschw. 18:00Z |
9000 m | 240° | 42 kts | 240° | 51 kts |
5400 m | 230° | 31 kts | 230° | 33 kts |
3000 m | 240° | 27 kts | 230° | 23 kts |
1500 m | 220° | 24 kts | 220° | 24 kts |
900 m | 220° | 22 kts | 210° | 25 kts |
300 m | 220° | 20 kts | 200° | 21 kts |
Boden | 210° | 10 kts | 140° | 07 kts |
Die von Hannover um 12.00 Uhr gemessenen Temperaturen:
Höhe | Temperatur | Taupunkt |
9000 m | -55° | -60° |
5400 m | -27° | -36° |
3000 m | -9,5° | -20,5° |
1500 m | -1° | -3,5° |
900 m | +4,5° | -0,5° |
300 m | +10° | +3,5° |
Boden | +11° | +6° |
Die von Süden herangeführten Wolkenfelder zwischen 800 m und 1200 rn lösten sich im Verlauf des Nachmittags auf. Zwei schwache Inversionen lagen in 1700 m und 4000 in. Die Temperaturzustandskurve gibt die berechtigte Vermutung der Weilenbildung bei steigender Amplitude und geringerer Wellenlänge bis zur Tropopause.
Das Barogramm
Das Barogramm zeigt deutlich den Einflug in die Wellen und das Verlassen
der dritten Welle aus einem noch sehr guten Steigflug. Außerdem den
viermaligen Einflug in die dritte Welle zur Erforschung der unteren nutzbaren
Grenze. Aus Zeitmangel und wegen sicherer Rückkehr zum Platz wurde
kein tieferer Punkt mehr angeflogen.
Schleppflug
Der freie Flug
Noch dem Ausklinken und einem Höhenverlust bis zum tiefsten Punkt
des Fluges in 1400 m wurde die erste Welle nordwestlich Harneln zwischen
Fischbeck und Hessisch-Oldendorf ausgeflogen und 2500 m Höhe erreicht.
Nach 300 m Verlust bis zum Einflug in die zweite Welle zwischen Bad Münder
und der Autobahn hob es die Ka 8 in dieser bis auf 3100 m. Die Oberquerung
des Deister kostete 500 rn, über Barsinghausen begann erneut das Steigen.
Mit anfangs fast 3 m/s ging es noch oben. Etwas Suchen war dann nötig,
um das Gebiet des besten Steigens zu finden, danach ging es ständig
mit 2 bis 1 1/2 m/s aufwärts. Südöstlich Wunstorf hatte
sich eine große Lenticularis gebildet, die in 4000 m an der Luvseite
überstiegen wurde. Trotz winterlicher Kleidung machte sich die zunehmende
Kälte bemerkbar, die nachher in 5500 m -27°C betrug. Ruhig wie
ein Brett lag die Ka8b, der Pilot konnte die frierendep Glieder massieren,
verlor aber mit zunehmender Kalte die Lust am Flug. Zur Bewußtseinskontrolle
wurde gerechnet und gezählt, die Luftraumbeobachtung gab bei den einwandfreien
Sichtflugbedingungen keine Probleme auf.
Quintessenz
Die Luftwaffen-Sportfluggruppe will die nächsten Flüge nur
noch mit Funkgeräten ausführen, damit der Pilot in ständiger
Sprechverbindung mit Hannover steht. Knut Eichler kennt seine Höhenfähigkeit
aus mehreren Unterdruckkammeruntersuchungen, sonst hatte er einen Flug
bis zu dieser Höhe nie gewagt. Auf Grund der Temperaturkurve und der
Wetterbeobachtung, die in 6000 m eine über dem Südwestrand Hannovers
geschätzte gut ausgeprägte Lenti zeigte, ist er der festen Überzeugung,
daß Höhen bis 7000 m möglich sind.